Viele tausend Euro später stand die Sea Ray Ende Mai 2020 endlich am Werkstattsteg in Minden für die große Fahrt nach Hameln bereit. Start bei Weserkilometer ~ 205, Ziel Heimathafen in Hameln (Weserkilometer ~ 132). Einen Tag nach meinem Geburtstag ging ich mit einer Vereinskameradin des MC Hameln an Bord und gemeinsam machten wir uns gegen 8:30 Uhr auf den Weg. Die Verstärkung war dabei, da die Weser einen nicht zu hohen Wasserstand hatte und meine Mitfahrerin über sehr viel mehr Boots- und Reviererfahrung verfügt, als meine Wenigkeit.
Nach einem sehr verhaltenen Fahrtantritt traute ich mich erstmals als verantwortlicher Schiffsführer, die Hebel etwas weiter nach vorne zu legen. Natürlich hatte ich dabei stets die nachfolgenden Worte der WS-Verwaltung im Hinterkopf:
Auf der Weser ist für Motorboote, mit Ausnahme bestimmter Stadtbereiche und in den Schleusenkanälen, eine Höchstgeschwindigkeit von 35 km/h erlaubt. In den Stadtgebieten, den Schleusenkanälen und den Wehrarmen beträgt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit
12 km/h zu Berg und 18 km/h zu Tal.
Quelle: Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
Selbstverständlich habe ich auch dort, wo es angezeigt war, Sog und Wellenschlag vermieden – herzliche Grüße nach Preußisch Oldendorf. Allerdings war ich in den Passagen, wo wir etwas zügiger vorwärts trieben, so sehr auf das Steuern konzentriert, dass ich die entferntere Umgebung abseits des Flusses gar nicht so richtig wahrnahm. Als ich jedenfalls mit meinem geografischen Wissen protzen wollte und irgendwo um Vlotho herum feststellte, dass wir doch nun bald die Porta Westfalica sehen müssten, meinte meine Begleiterin nur trocken, dass wir diese längst passiert hatten*.
Es war wirklich die helle Freude, mit der Sea Ray der Fahrrinne zu folgen und schwungvoll vom rechten zum linken Ufer und wieder zurück zu steuern. Das Boot lag wie ein Brett auf dem Wasser, die Heckwelle hätte van Gogh nicht schöner pinseln können und die Sonne strahlte mit mir um die Wette. Der Wasserstand bereitete uns nur einmal ein wenig Sorgen (auch irgendwo in der Gegend von Vlotho, meine ich mich unsicher zu erinnern) und dort zirkelte ich die Sea Ray mit maximal Schrittgeschwindigkeit um die vermeintlichen Untiefen herum. Ein funktionierendes Echolot hatten wir ja leider nicht zur Verfügung – und so fuhren wir auch gegen Ende der Fahrt noch einmal sehr, sehr vorsichtig: bei HM-Wehrbergen. Denn auch dort neigt die Weser dazu, eher flach zu sein …
In den Stadtbereichen, die wir passierten, hätten wir zu Berg theoretisch 12 km/h fahren dürfen; doch da diese Geschwindigkeit bei der Sea Ray Heckwellentrouble auslöst, flanierten wir dort mit ca. 9 km/h und beobachten interessiert – mit einem Kaffee in der Hand – das vielfältige Treiben am Ufer. Diese Geschwindigkeit wählten wir überhaupt des Öfteren, denn entspannter kann man nicht Bootfahren.
Als wir nach gut fünf Stunden, gegen 13:30 Uhr, in den Heimathafen einliefen, warteten bereits einige Vereinskameraden mit einer Flasche Sekt und jeder Menge guter Laune an meinem Liegeplatz, den sie sogar extra mit Luftballons und einem Willkommensschild geschmückt hatten (vor lauter Rührung darüber habe ich sogar vergessen, das im Bild festzuhalten). Etwas später stieß dann auch die beste Ehefrau von allen dazu und gemeinsam freuten wir uns, dass die Sea Ray die Fahrt so gut bewältigt hatte.
Tatsächlich hielt die Freude am Fahren bis zum Saisonende an. Es ging an der Sea Ray nichts ernsthaft kaputt, bis auf den Backbordpropeller. Aber dafür war die Preussen Elektra verantwortlich …
Danke für die Bilder an Marina* und Matthias+
*Und Bilder davon hat sie natürlich auch gemacht. Ich war halt sehr damit beschäftigt, in gefährlichen Gewässern dass Boot auf Kurs zu halten. Wie soll mir da so ein kleines Bauwerk auffallen …
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