Auf dem MLK darf mit maximal 15 km/h gefahren werden. Das ist eine Geschwindigkeit, die der Sea Ray mal so gar nicht liegt. Zu langsam zum Gleiten und im Prinzip zu schnell für eine Verdrängerfahrt. Da ich auf meiner ersten Fahrt jedoch nicht ewig Zeit hatte und Hameln vor der Schließung der Schleuse noch erreichen musste wollte, fuhr ich eben genau diese 15 km/h. Was die Sea Ray mit einer enormen Heckwelle quittierte. Soweit die Vorgeschichte.
Am frühen Morgen (ohne Kaffee) fuhren wir also gen Minden und meine Laune war trotz des kaffeefreien Start in den Tag bestens. Das Wetter war schön und die Sea Ray fuhr. Ich stand am Steuer, schaute durch das Campingverdeck auf den MLK und freute mich des Lebens. Kurz vor Getmold, MLK km 71, passierten wir eine Art Wendebecken und kurz dahinter stand ein Mann am Ufer und winkte uns heftig zu. Ich winkte freundlich zurück, es war ja ein herrlicher Tag. Doch das Winken des einsamen Mannes war so heftig, dass ich mich noch einmal umschaute. Der Ufersteher winkte nun scheinbar mit geschlossenen Handflächen und sah nicht zwingend glücklich dabei aus. Mit einem kurzen Schulterzucken setzte ich die Fahrt fort und vergaß den winkenden Zeitgenossen. Ich hatte keine Ahnung, was der Mann wollte …
Wenige Stunden später, ich saß inzwischen auf einem Polizeiboot in Minden, wusste ich, warum der gute Mann so freundlich gegrüßt hatte: Wir waren an der Steganlage des WSV Preußisch-Oldendorf vorbeigerauscht (mit 15 km/h), ohne unsere Geschwindigkeit den Gegebenheiten angepasst zu haben. Das „Wendebecken“ war nämlich der Hafen des WSV und kurz davor steht ein Verkehrsschild: Sog und Wellenschlag vermeiden (auf 300 m). DAS hatte ich nicht gesehen und meine Geschwindigkeit beibehalten. Ich erfuhr, dass ich für diverse Verwüstungen an der Steganlage des WSV und einem dort liegendem Schiff verantwortlich gemacht wurde. In einem Anhörungsbogen, den ich etwas später zugesandt bekommen hatte, stand etwas von Unfallgeschädigten (sic!) und ich wurde gebeten zu erläutern, warum ich „bei der Vorbeifahrt am Yachthafen Preußisch Oldendorf (MLK km 70,7) nicht schädlichen Sog und Wellenschlag verhindert“ hätte. Eine Schadenshöhe wurde auch genannt: ca. 300 ,- EURO.
Ich fragte mich zunächst, wie das sein konnte. Es fuhren doch tagtäglich viel größere Schiffe als meine kleine Sea Ray dort vorbei. Aber ausgerechnet ich sollte dafür verantwortlich sein, dass am Steg eine Klampe abgerissen wurde und eine gläserne Herdplatte zersprungen war? Ich ignorierte meine Zweifel und rief die Geschädigten an. Die Wasserschutzpolizei hatte mir nämlich freundlicherweise Namen, Adressen und Telefonnummern der Menschen mitgeteilt, die mich angezeigt hatten. Zwei freundliche Telefonate später hatte ich erfahren, dass die Klampe schon wieder festgeschraubt war und der Schaden an der Herdplatte keine 100,- EURO betrug. Ich entschuldigte mich zweimal aufrichtig, überwies umgehend den geforderten Betrag für die Herdplatte und schrieb der Wasserschutzpolizei meine Sicht der Dinge.
Über ein Jahr später, Ende August 2019! – ich dachte schon, da ich alles freundschaftlich geregelt und eine ehrliche Stellungnahme geschrieben hatte, die den Umstand meines Vergehens plausibel erklärte und in der ich den Verstoß unumwunden zugegeben hatte – erhielt ich einen Bußgelbescheid der Wasserstraßen- und Schifffahrtverwaltung des Bundes über 100,- EURO. Plus Verwaltungsgebühren. Schade, zahlen musste ich also doch. Aber es hätte wohl auch erheblich mehr sein können …
Inzwischen ist mir die „Sog und Wellenschlag“ -Problematik deutlich präsenter und ich achte stets darauf, die Sea Ray entsprechend zu manövrieren. Herzliche Grüße nach Preußisch Oldendorf 😉
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